Buenos Aires erleichtert Zugang zu Dokumenten zu Nazi-Kriegsverbrechern. BRD Justiz verweigert solche Transparenz mit Verweis auf "Wohl des Bundes"
Die Berufungskammer des argentinischen Verwaltungsgerichts hat vor wenigen Tagen ein erstinstanzliches Urteil bestätigt, das für den Zugang zu Akten über geflohene Nazi-Verbrecher bahnbrechend sein könnte. Die noch geheimen Dokumente über die angebliche Entführung des Nazi-Kriegsverbrechers Adolf Eichmann im Mai 1960 müssen deklassifiziert und mir, der Klägerin, als beglaubigte Kopie ausgehändigt werden. Dafür gilt ab dem 10. August eine Frist von zwei Wochen.
Es geht um Telegramme und Telexe, die zwischen dem argentinischen Konsulat in Tel Aviv und dem Außenministerium in Buenos Aires im Mai und Juni 1960 versandt worden sind.
Die Liste dieser chiffrierten und immer noch geheimen Drahtberichte hatte ich im offenen Archiv des Außenamts gefunden, samt Aktenzeichen. An ihrer Existenz besteht also kein Zweifel.
Aus ihnen werden die Umstände der Überführung Eichmanns aus argentinischem Gewahrsam nach Israel hervorgehen sowie die Absprachen zwischen Tel Aviv und Buenos Aires.
Bislang steht in den Geschichtsbüchern die Version einer heldenhaften Entführung durch den israelischen Geheimdienst Mossad, die von Hollywood und staatstragenden Medien bis heute in Szene gesetzt wird.
Bereits 2016 hatte ich, gestützt auf die argentinische Verfassung, Klage auf Offenlegung der Eichmann-Akten eingereicht. Ohne Erfolg. Zwei Jahre später reichte ich erneut Klage ein, denn inzwischen gab es ein Informationsfreiheitsgesetz. Rechtsanwalt Dante Reyes M., damals Präsident der Vereinigung der Auslandskorrespondenten, übernahm das Mandat.
Gericht in Argentinien: Informationen in Demokratie zugänglich machen:
Im Oktober 2020 verfügte das Verwaltungsgericht die Offenlegung, da es in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei, daß alle Informationen der Behörden zugänglich sein müssen. Ausgenommen seien sehr wenige Fälle, die in einem Gesetz benannt werden müssen. [...]
Ich klage seit 2008 in der BRD auf Herausgabe der Eichmann-Akten und auf Wiederherstellung der historischen Wahrheit zu den Geschehnissen im Mai 1960.
Halbherzig verfügten 2010 die Richter des BRD Systemverwaltungsgerichts Leipzig die Freigabe einiger Akten des BND und akzeptierten die Sperrerklärung des BRD Kanzleramts, wonach eine weitere Freigabe das "Wohl des Bundes" beschädigen könnte, da es Absprachen unter Geheimdiensten gebe, die zu respektieren seien.
Gemeint war der Mossad, der sich in seine Fake-News der heldenhaften Entführung regelrecht verliebt hat. Für die Führerin des Vereinigten Wirtschaftsgebietes BRD, A.M., gilt dieses Wohl des Mossad offensichtlich. Fake News scheinen nur von politischen Widersachern zu kommen. Anderenfalls wird die historische Wahrheit, selbst wenn es um Genozid und Naziverbrechen geht, als störend wahrgenommen.
Jetzt klage ich erneut gegen den BND, weil inzwischen die Schutzfrist von 60 Jahren abgelaufen ist. Doch die BRD-Verwaltungsdienststelle will diese Akten weiterhin geheim halten. Die Opposition fürchtet sich vor nichts mehr, als vom parlamentarischen Tellerrand zu fallen, und schweigt.
Plötzlich fordern Richter vom anderen Ende der Welt die Freigabe der Eichmann-Akten – eine demokratische Stimme aus einem Land in tiefer Wirtschaftskrise, dessen Justiz seit über 50 Jahren reformiert werden muß und die von Korruptionsvorwürfen überzogen ist, ebenso wie ihre Regierungen der letzten 30 Jahren.
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Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Argentinien-gibt-Nazi-Akten-frei-Deutschland-mauert-6164372.html?seite=all
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